Der Spruch ist alt und gut, wenn auch nicht verbürgt: «Gebt mir eine Million Franken und ich mache aus einem Kartoffelsack einen Bundesrat", soll der Werber Rudolf Farner einst gesagt haben. Lebte er heute in den USA und müsste einen Präsidenten ins Weisse Haus hieven, der notwendige Betrag für den politischen Erfolg hätte ein paar Nullen mehr. Sicher eine Milliarde $ Werbegelder haben die Präsidentschafts-Kandidaten für ihren Wahlkampf ausgegeben, einige Experten sprechen gar von 3 Milliarden.
3'000'000'000 Dollar...das ist in etwa der Jahres-Etat des Kantons Luzern.
Absoluter Krösus ist Barack Obama. Der Hoffnungsträger der Demokraten stellt alles und alle in den Schatten, wenn es um Spendengelder geht. Im Schlussspurt vor dem Wahltag hat er vier mal mehr Geld zur Verfügung als John McCain - und er gibt es auch für ungewohnte Formate aus. Gestern Abend liess er zur besten Sendezeit auf vier nationalen Kanälen einen halbstündigen Werbespot schalten - eine Mischung aus Dokumentarfilm und Politwerbung. Bereits haben die Experten dem neuen Genre einen Namen gegeben: infomercial, eine Wortschöpfung aus Information und commercial (Werbe-Spot).
Man stelle sich ähnliches in der Schweiz vor. Der Aufschrei wäre gewaltig und die Wirkung vielleicht gar kontraproduktiv. Viel Geld zu haben hilft zwar schon, es offen zu zeigen aber eher nicht. In den USA ist das ganz anders. Hier werden regelmässig die Spendeneinnahmen der Kandidaten veröffentlicht. Wer auf der Liste oben steht, wird bewundert und erhält noch mehr, wer wenig hat, ist politisch schon fast abgeschrieben.
John McCain hat dieser Regel bis jetzt getrotzt. Vor einem Jahr stand seine Kampagne vor dem Bankrott - und dann hat er die republikanische Nomination doch noch geschafft. Jetzt ist der (persönlich im übrigen steinreiche) Senator aus Arizona wieder der finanzielle "underdog" und hofft auf eine zweite Ueberraschung. Nötig ist allerdings schon fast ein Wunder. Barack Obama ist eben weit mehr als ein mit Dollarnoten gefüllter Kartoffelsack.
Donnerstag, 30. Oktober 2008
Ein Bettel-Mail von Obama
Das war eine Überraschung: In meiner Inbox lag heute ein E-Mail von Barack Obama! "It's in your hands, Beat!", steht in der Betreffszeile. Wenn man das Mail öffnet, heisst es: "Beat: The next 6 days are going to be the toughest we've seen, and I need your support to reach as many voters as possible!" Im personalisierten Massenmail gleich mitgeliefert: ein Link, bei dem man $5 oder besser mehr spenden soll.
Kein Wunder braucht Barack Obama Geld. Er gibt es auch aus wie kein Präsidentschaftskandidat vor ihm. Erst gestern schaltete er auf 5 Fernsehsendern einen halbstündigen Werbespot. Zusätzlich und auch auf allen andern sind zahlreiche kürzere Spots zu sehen. Obama - wohin das Auge reicht. Auch der übrige Wahlkampf kostet Millionen.
Was erstaunlich ist: Obama hat vor ein paar Tagen bereits seine Frau Michelle ein ähnliches Mail schicken lassen, diverse Obama-Angestellte waren's zuvor. Dabei hab ich mich bloss für die Wahl-Schlussveranstaltung des Präsidentschaftskandidaten mitten in einem Park von Chicago angemeldet. Nicht etwas als Supporter, notabene, sondern ausdrücklich als Journalist, erst noch als einer aus der Schweiz. Gleich eine doppelte Pflicht, neutral zu sein, und es auch zu bleiben.
Das stört das Obama-Wahlteam offenbar nicht. Mich ärgert's hingegen ein wenig. Ich lösche die Mails geduldig, ohne Geld zu spenden.
Etwas anderes bleibt mir wohl nicht übrig im modernsten Wahlkampf aller Zeiten.
Kein Wunder braucht Barack Obama Geld. Er gibt es auch aus wie kein Präsidentschaftskandidat vor ihm. Erst gestern schaltete er auf 5 Fernsehsendern einen halbstündigen Werbespot. Zusätzlich und auch auf allen andern sind zahlreiche kürzere Spots zu sehen. Obama - wohin das Auge reicht. Auch der übrige Wahlkampf kostet Millionen.
Was erstaunlich ist: Obama hat vor ein paar Tagen bereits seine Frau Michelle ein ähnliches Mail schicken lassen, diverse Obama-Angestellte waren's zuvor. Dabei hab ich mich bloss für die Wahl-Schlussveranstaltung des Präsidentschaftskandidaten mitten in einem Park von Chicago angemeldet. Nicht etwas als Supporter, notabene, sondern ausdrücklich als Journalist, erst noch als einer aus der Schweiz. Gleich eine doppelte Pflicht, neutral zu sein, und es auch zu bleiben.
Das stört das Obama-Wahlteam offenbar nicht. Mich ärgert's hingegen ein wenig. Ich lösche die Mails geduldig, ohne Geld zu spenden.
Etwas anderes bleibt mir wohl nicht übrig im modernsten Wahlkampf aller Zeiten.
Donnerstag, 23. Oktober 2008
Swiss Democracy
Kein Land ist wahrscheinlich so stolz auf seine Demokratie wie die Schweiz (abgesehen von den USA). Doch wenn's ernst wird, scheint weniger der mündige Bürger oder der mündige Volksvertreter als der Schweizer Psalm zum Tragen zu kommen: "Betet freie Schweizer, betet."
Denn das Rettungspaket für die UBS wurde lediglich von der Finanzkommission bewilligt. Dabei ist es grösser als der amerikanische Bailout, berücksichtigt man die Grösse beider Länder. Und sogar in absoluten Zahlen erhält die UBS deutlich mehr Unterstützung als jede einzelne US-Bank maximal.
Doch während in den USA der Kongress über das US-Rettungspaket entschied, während die Parlamentarier von Key Largo/Florida bis Wasilla/Alaska in Washington ausharrten, war eine kurzfristige Sondersession in der 238mal kleineren Schweiz nicht möglich. Offenbar konnte die UBS den Zeitpunkt ihres Hilferufs selbst bestimmen und so kurzfristig ansetzen, dass man auf das Parlament nicht auch noch Rücksicht nehmen konnte.
Wenn Gefahr in Verzug ist, kann Notrecht angewandt werden. Aber gab es wirklich kein Zeitfenster, um der Schweizer Demokratie Genüge zu tun?
Denn das Rettungspaket für die UBS wurde lediglich von der Finanzkommission bewilligt. Dabei ist es grösser als der amerikanische Bailout, berücksichtigt man die Grösse beider Länder. Und sogar in absoluten Zahlen erhält die UBS deutlich mehr Unterstützung als jede einzelne US-Bank maximal.
Doch während in den USA der Kongress über das US-Rettungspaket entschied, während die Parlamentarier von Key Largo/Florida bis Wasilla/Alaska in Washington ausharrten, war eine kurzfristige Sondersession in der 238mal kleineren Schweiz nicht möglich. Offenbar konnte die UBS den Zeitpunkt ihres Hilferufs selbst bestimmen und so kurzfristig ansetzen, dass man auf das Parlament nicht auch noch Rücksicht nehmen konnte.
Wenn Gefahr in Verzug ist, kann Notrecht angewandt werden. Aber gab es wirklich kein Zeitfenster, um der Schweizer Demokratie Genüge zu tun?
Samstag, 18. Oktober 2008
Im Staatsfonds-Gründungsfieber
Die Abu Dhabi Investment Authority (875 Milliarden Dollar, gegründet 1976), der Government Pension Fund Global aus Norwegen (346 Milliarden Dollar, gegründet 1990) und die Government of Singapore Investment Corporation (330 Milliarden Dollar, gegründet 1981) waren bis jetzt die grössten Staatsfonds der Welt, im englischen Sprachraum auch Souvereign Wealth Funds genannt.
Staatsfonds sind Fonds, deren Kapital - total geschätzte 3,5 Billionen Dollar - im Eigentum des Staates ist. Bislang haben vor allem erdöl- und erdgasreiche Staaten ihre Einnahmen in solchen Fonds parkiert. Und einige dieser Fonds haben in der Finanzkrise schon Geld für Banken in Not springen lassen - die GIC beispielsweise im Fall der UBS!
Nicht alle Staaten hatten bislang solche Fonds. Vor allem die USA (haben zwar den Alaska Permanent Fund, 42 Milliarden, Erdöl, aber der gehört Sarah Palins Bundesstaat) und Europa haben den Staatsfonds aus Asien, Arabien, Russland und Südamerika häufig Intransparenz betreffend Anlagestrategie und bezüglich ihrer möglichen politischen Motivation vorgeworfen.
Nun ist man endlich auf Augenhöhe: Die USA speisen ihren Staatsfonds mit 700 Milliarden Dollar (und deklassieren damit Norwegen und Singapur!), verschiedene europäische Staaten investieren Milliarden in Banken und Bankaktien, ja selbst die Schweiz hat seit dieser Woche einen milliardenschweren Staatsfonds - faktisch wenigstens. SNB und UBS sei Dank!
Wenn die Finanzminister und Regierungschefs dieser Welt in Bälde, wie vorgesehen, über Verhaltenskodizes von Staatsfonds diskutieren werden, dürften diese Gespräche einen etwas anderen Gang nehmen, als dies, sagen wir, vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Wetten?
Staatsfonds sind Fonds, deren Kapital - total geschätzte 3,5 Billionen Dollar - im Eigentum des Staates ist. Bislang haben vor allem erdöl- und erdgasreiche Staaten ihre Einnahmen in solchen Fonds parkiert. Und einige dieser Fonds haben in der Finanzkrise schon Geld für Banken in Not springen lassen - die GIC beispielsweise im Fall der UBS!
Nicht alle Staaten hatten bislang solche Fonds. Vor allem die USA (haben zwar den Alaska Permanent Fund, 42 Milliarden, Erdöl, aber der gehört Sarah Palins Bundesstaat) und Europa haben den Staatsfonds aus Asien, Arabien, Russland und Südamerika häufig Intransparenz betreffend Anlagestrategie und bezüglich ihrer möglichen politischen Motivation vorgeworfen.
Nun ist man endlich auf Augenhöhe: Die USA speisen ihren Staatsfonds mit 700 Milliarden Dollar (und deklassieren damit Norwegen und Singapur!), verschiedene europäische Staaten investieren Milliarden in Banken und Bankaktien, ja selbst die Schweiz hat seit dieser Woche einen milliardenschweren Staatsfonds - faktisch wenigstens. SNB und UBS sei Dank!
Wenn die Finanzminister und Regierungschefs dieser Welt in Bälde, wie vorgesehen, über Verhaltenskodizes von Staatsfonds diskutieren werden, dürften diese Gespräche einen etwas anderen Gang nehmen, als dies, sagen wir, vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Wetten?
Freitag, 17. Oktober 2008
Wilder Haufen gegen straff geführte Truppe
Bobby ist im Stress. Sie (ja, Bobby ist eine Frau) organisiert im Auftrag der "Veteranen für McCain" eine grosse Debatten-Party im Orleans-Casino von Las Vegas. An die 200 Leute kommen, schauen sich hier gemeinsam die letzte TV-Debatte der Präsidentschaftskandidaten an....und alle wollen etwas von Bobby: wo gibt's noch mehr Stühle? Wo kriege ich ein Glas Wein? Hast du Heather schon gesehen?
Und mitten im grössten Rummel will auch noch dieser Journalist aus der Schweiz Interviews machen . No problem for Bobby! Sie nimmt mich an der Hand und stellt mich jeder Menge Leute vor. Alle geben bereitwillig und freundlich Auskunft: der pensionierte Brigadegeneral, die Blue-Star-Mom (eine Mutter, deren Kind Kriegsdienst leistet), der Vietnam-Veteran im Rollstuhl; einfache Parteimitglieder und die Parteipräsidentin der Republikaner in Nevada, der freiwillige Helfer und die Gouverneurin von Hawaii, die heute Ehrengast ist. Alle sagen, was sie denken, geben Antworten auf meine Fragen und wollen wissen, wie die Leute in der Schweiz die Wahlen in den USA sehen.
Ich könnte Aufnahmen gleich für mehrere Sendungen machen. Welch ein Unterschied zu den Demokraten!
Nett sind die Leute zwar auch auf demokratischen Veranstaltungen und in den Büros der Obama-Kampagne - bloss sagen darf niemand etwas. Alles ist hier streng geregelt, bis ins kleinste Detail durchorganisiert, nichts wird dem Zufall überlassen. Wenn ein Reporter kommt, herrscht Alarmstimmung; nur wenige, chronisch überlastete Auskunftspersonen dürfen mit Journalisten sprechen. Wenn man sie endlich vor's Mikrofon kriegt, lösen sie die Aufgabe perfekt, geben durchdachte Antworten in druckreifen Sätzen. Das ist alles hoch professionell, wahrscheinlich erfolgreich - und ziemlich blutleer. Vielleicht ist es aber auch ein Hinweis, dass Barack Obama ein guter Oberkommandierender der Streitkräfte sein wird. Die Wahlkampftruppe hat er jedenfalls fest im Griff, während der alte Soldat McCain einen ziemlich chaotischen Haufen befehligt.
Und mitten im grössten Rummel will auch noch dieser Journalist aus der Schweiz Interviews machen . No problem for Bobby! Sie nimmt mich an der Hand und stellt mich jeder Menge Leute vor. Alle geben bereitwillig und freundlich Auskunft: der pensionierte Brigadegeneral, die Blue-Star-Mom (eine Mutter, deren Kind Kriegsdienst leistet), der Vietnam-Veteran im Rollstuhl; einfache Parteimitglieder und die Parteipräsidentin der Republikaner in Nevada, der freiwillige Helfer und die Gouverneurin von Hawaii, die heute Ehrengast ist. Alle sagen, was sie denken, geben Antworten auf meine Fragen und wollen wissen, wie die Leute in der Schweiz die Wahlen in den USA sehen.
Ich könnte Aufnahmen gleich für mehrere Sendungen machen. Welch ein Unterschied zu den Demokraten!
Nett sind die Leute zwar auch auf demokratischen Veranstaltungen und in den Büros der Obama-Kampagne - bloss sagen darf niemand etwas. Alles ist hier streng geregelt, bis ins kleinste Detail durchorganisiert, nichts wird dem Zufall überlassen. Wenn ein Reporter kommt, herrscht Alarmstimmung; nur wenige, chronisch überlastete Auskunftspersonen dürfen mit Journalisten sprechen. Wenn man sie endlich vor's Mikrofon kriegt, lösen sie die Aufgabe perfekt, geben durchdachte Antworten in druckreifen Sätzen. Das ist alles hoch professionell, wahrscheinlich erfolgreich - und ziemlich blutleer. Vielleicht ist es aber auch ein Hinweis, dass Barack Obama ein guter Oberkommandierender der Streitkräfte sein wird. Die Wahlkampftruppe hat er jedenfalls fest im Griff, während der alte Soldat McCain einen ziemlich chaotischen Haufen befehligt.
Dienstag, 14. Oktober 2008
Wo geht's hier zur Party?
"The party is over", sagt die Chefin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi (D, Kalifornien), derzeit häufig in die Mikrophone. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Sie meint die Party an der Wall Street, nicht jene in Washington D.C. Dort schreiten die Vorbereitungen für die ganz grosse Party weiter voran, damit der nächste US-Präsident im Januar 2009 dann mit viel Pomp und Steuergeldern gefeiert werden kann...
Donnerstag, 9. Oktober 2008
Würden Sie diesem Mann Geld leihen?
Die amerikanischen Präsidentschaftswahlen sind wie die Börse: Kurzatmig und schwer vorhersehbar. Dennoch macht es den Anschein, als ob die Finanzkrise einen Gezeitenwechsel markiert, als ob sich Obama langsam aber stetig von John McCain absetzen würde. Zu kurzatmig war McCains Agieren und die TV-Comedy-Shows, welche das Wahlkampfchaos manchmal wie in einem Brennglas bündeln, fanden in McCains Reaktionen Stoff zum Spotten in Hülle und Fülle. Auch die Umfragen der letzten Tagen zeigen, dass sich Barack Obama vor allem in sog. Battleground States, jenen Staaten, die traditionell umkämpft sind, von John McCain absetzt.
Doch auch ohne Umfragezahlen ist die schwierige Lage von McCain augenfällig. Der Republikaner spielt zunehmend auf den Mann; Sarah Palin greift rhetorisch in die unteren Schubladen und wirkt fast ein wenig vulgär. Beide versuchen kalten Kaffee, der nie heiss war, aufzuwärmen und statt der Wirtschaft Obamas zweiten Vornamen "Hussein" zu thematisieren. Kleinkariert und mit schriller Stimme umwerben sie "Small Town America", aber "Small Town America" hat andere Sorgen: Zum Beispiel einen Kredit für ein Auto zu erhalten.
"Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?", hiess es auf einem Wahlplakat der Demokraten unter dem Konterfei von Richard Nixon im Präsidentschaftswahlkampf 1960. Heute müsste die Frage unter dem Bild McCains lauten: Würden Sie diesem Mann Geld leihen?
Doch auch ohne Umfragezahlen ist die schwierige Lage von McCain augenfällig. Der Republikaner spielt zunehmend auf den Mann; Sarah Palin greift rhetorisch in die unteren Schubladen und wirkt fast ein wenig vulgär. Beide versuchen kalten Kaffee, der nie heiss war, aufzuwärmen und statt der Wirtschaft Obamas zweiten Vornamen "Hussein" zu thematisieren. Kleinkariert und mit schriller Stimme umwerben sie "Small Town America", aber "Small Town America" hat andere Sorgen: Zum Beispiel einen Kredit für ein Auto zu erhalten.
"Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?", hiess es auf einem Wahlplakat der Demokraten unter dem Konterfei von Richard Nixon im Präsidentschaftswahlkampf 1960. Heute müsste die Frage unter dem Bild McCains lauten: Würden Sie diesem Mann Geld leihen?
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